Stadttheater Giessen
    Später mal lässt Britten bitten

    Später mal lässt Britten bitten
    Sir Peter Maxwell Davies‘ Kinderoper „Die beiden Musikanten“ im TiL

    Kann man einem Kind eine Oper von Benjamin Britten zumuten? Wohl eher nicht, es sei denn, man will es bestrafen. Ist es aber vielleicht möglich, ein Kind an diese moderne Tonsprache so heranzuführen, dass späterhin einen Oper von Benjamin Britten nicht als Bestrafung, sondern als ein Glück empfinden wird?
    Diese Frage hat sich der britische Komponist und Nachfolger Brittens, Sir Peter Maxwell Davies wohl eindeutig mit Ja beantwortet, indem er die Kinderoper „Die beiden Musikanten“ schuf. Unter der musikalischen Leitung von Martin Gärtner hatte das Stück am Freitagabend Premiere auf der Studiobühne im TiL - Die Inszenierung, die Oliver Meyer-Ellendt in Kooperation mit der Musikschule Gießen einstudiert hatte, erwies sich auch bei den Erwachsenen, die die große Mehrzahl im Publikum ausmachten, als ein voller Erfolg. Zumal sie das Thema stärker betreffen dürfte als ihre Kinder. Denn die Trolle, die den so hinreißend fiedelnden Geiger Storm Kolson in ihre Unterwelt entführen, verkörpern nichts anderes als den verführerischen Schlendrian, durch den Muße allzu leicht in Faulheit umschlägt-
    Genau die hatte sich Kolson aber nicht gewünscht, als er die Trolle bat, die Menschen seines Dorfes von der Arbeit Mühe zu befreien. Schamlos nutzen die Gnome die Trägheit der Menschen aus, um ihren nur vermeintlich nützliche Dinge anzudrehen: Fernseher, Versicherungen und ein „Trollfix-Pülverchen“, dass die Menschen abstumpft und schon mit fadem Brei als Nahrung zufrieden sein lässt. Als Kolson in sein Dorf zurückkehrt, ist er entsetzt über die Auswirkung eines gut gemeinten Wunsches. Die Menschen sind nicht nur faul geworden, unbemerkt ist auch ihre Lebenszeit vergangen. Nur gut, dass er seinen Geige hat… Programmatisch wird der gesellschaftskritische Inhalt des Stücks von Davies umgesetzt, das heißt: ohne viel Pomp und Knalleffekt, ohne Glimmer und grelle Farben. Die Kostüme sind so schlicht und würdig wie das Bühnenbild und lassen dem Zuschauer viel Raum für seinen Fantasie. Die Darsteller aber sind aufgefordert, den Raum mit ihrer Präsenz zu füllen, was ihnen ein hohes Maß an künstlerischen Fertigkeiten abverlangt. Stärker noch trifft das auf den Gesang zu, den Davies zwar für Kinder komponierte, sie aber dennoch vor eine gewaltige Herausforderung stellt. Beeindruckend, wie sie die Trolle und Dörfler, vor allem aber die beiden Musikanten, zu meistern verstanden. Einen empfehlenswerte Alternative zum Mainstream der Kinderunterhaltung. mlu, 16. Mai 2011, Gießener Allgemeine Zeitung